Wir sammeln Erfahrungen. Wir machen Fehler. Wir drehen uns, wir verlaufen uns. Wir verkaufen uns. Alles mögliche geht schief und wir vertrauen immer wieder demjenigen, welcher uns im Dunkeln Wald zurückgelassen hat, weil eine neue Konsole auf dem Markt ist. Mit Fehlerverbesserungen und hellblonden Haaren – ein Upgrade von mir.  Immer wieder derjenige, bei dem wir zuverlässig wissen, dass wir Schmerzen haben.

Doch genau daraus sollen wir lernen. Das ist es, was uns voran bringt. Was mir endlich die kleinen Federn ausrupft und blutige kleine Narben hinterlässt. Und zurück bleibt ein rot gemachtes Kleid. Mit kleinen Pflastern drauf.

Doch das ist doch das, was die Männer so sehr anzieht. Rotes Kleid, roter Lippenstift. Vielleicht ist dabei das Ertragen der Farbe Rot ausgeschöpft worden. Und wenn du deine Tage hast, dann such du lieber das Weite. Keine Sorge, in einer Woche folgt zuverlässig ein „Hey, sorry.“

Jede kleine Feder hinterließ also eine Geschichte. Und jede kleine Geschichte sperren wir irgendwo ein.

Manche vergessen wir vielleicht einfach wieder und andere sammeln wir wie Milchzähne in einer kleinen Holzschachtel. Und wenn wir über sie nachdenken, grault es uns vor Widerlichkeit.

Die Männer wollen so viel – bis sie es haben. Vielleicht wollen sie meine Geschichte. Vielleicht auch nur das Kleid. Vielleicht sehen sie die Pflaster. Vielleicht sorgen sie für weitere Narben.

Das hört sich fast an, wie eine kleine Hetzkampagne. Als wäre ich an dem Punkt angekommen, nur die Fehler bei anderen zu suchen. Als wäre ich nicht selbst drauf gekommen, dass auch ich meinen Teil dazu beitrage. Also liebe Vertreter der Standhaftigkeit, seid unbesorgt. Wie wir nach eurem Orgasmus – unbesorgt.

Natürlich bin ich nicht anders. Natürlich denk auch ich nur gern an mich. Darüber, ob es mir mehr Wert bringt mich mit dem einen oder dem anderen zu treffen. Ich male mir die Szenarien aus. Ich wiege ab und steche zu:

„Sorry, total vergessen, dass ich noch einen Zahnarzttermin habe. Wir holen das nach.“

Natürlich holen wir das nach – sobald mir danach ist.

„Wir holen Deinen Orgasmus nach. Lass uns erstmal meinen Wegwischen und ein bisschen chillen.“

Natürlich tun wir das. Und wir tun es zuverlässig immer wieder.

Wegwischen, abspritzen, Absagen, Zusagen.

Schreien und Weinen und zupfen und zupfen.

Und mit jedem Satz habe ich die Angst, noch dramatischer zu klingen. Noch mehr Mitleid – erregend oder wie ein Schrei nach Aufmerksamkeit.

Doch dem ist nicht so. Ich bitte dich.

Wenn es doch nur genau das Gegenteil wäre. Denn wenn wir einen Fehler machen, wenn wir unangenehm sind, dann wünschen wir uns nichts mehr, als:

Bitte lass das niemanden gesehen haben!

Und bitte halt die Fresse, wenn du es bemerkt hast.

Bitte gib mir das Gefühl, dass ich keine Feder mehr reißen muss. Denn ich schätze die, die jetzt gezupft werden, sind mit meinem Knochenmark verwachsen. Und Schmerzen mehr als eine Geburt. Woher ich das so einfach sagen kann?

Die Scheiße hört nie auf zu ziehen. Oder zu schütteln. Zu frieren wie ein kalter Schauer über den Rücken. Die Scheiße hört nie auf meine Knochen zu zerreißen und das Schlimmste dabei ist:

Wenn du deinen Finger darauflegst, fühlt es sich an wie ein Phantomschmerz.

Als würde der fehlende dritte Arm schmerzen. Und nicht mal Ibuprofen 800 kann das lindern. Denn wo nichts ist – kann auch nichts wirken.


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